Abgeordnetenhauswahl 2021: Digitalpolitische Wahlprüfsteine und Online-Parteientalk

Die Zukunft Berlins ist digital, so der stillschweigende Konsens aller Berliner Parteien. Doch die zahlreichen digitalpolitischen Baustellen bergen Konfliktpotential: von einzelnen Projekten wie dem Lernraum Berlin, Jelbi oder dem Stadtportal Berlin.de, über OZG-Umsetzung und SmartCity-Strategie bis hin zu Leitbildern wie informationeller Selbstbestimmung und digitaler Souveränität – es geht immer auch um die Frage, wer Berlin zu welchen Zwecken „digitalisiert“.

Zur Abgeordnetenhauswahl 2021 wollten wir daher wissen, wie sich die Berliner Parteien in Zukunft die digitale Stadtentwicklung vorstellen. Dazu haben wir Wahlprüfsteine an die Berliner Parteien verschickt und eine Online-Diskussionsveranstaltung organisiert. Hier findet ihr die Ergebnisse:

Wahlprüfsteine zur Abgeordnetenhauswahl 2021

Hier sind die Antworten von Bündnis 90/ Die Grünen, CDU, Die Linke, FDP und SPD auf unsere Wahlprüfsteine in alphabetischer Reihenfolge.

Bündnis90/Die Grünen: Digitalisierung umfasst alle Politikbereiche. Das Land Berlin hat es sich zum Ziel gemacht, eine Digitalisierungsstrategie auf Basis von Nachhaltigkeit, Teilhabe und wirtschaftlicher Entwicklung zu erarbeiten. Der erste Meilenstein der Digitalisierungsstrategie ist das sogenannte Grünbuch. Das Grünbuch soll die Diskussion über die Digitalisierung der Stadt systematisieren und strukturieren, um die Diskussion nach innen (innerhalb des Senats, zwischen den Senatsverwaltungen) als auch nach außen (Landesunternehmen, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft) zu ermöglichen. Auf Basis des Grünbuchs wird in der kommenden Legislatur mit der Beteiligung der Stadtgesellschaft ein Weißbuchprozess vollendet. Hier werden die Handlungsbedarfe aus dem Grünbuch und die Erkenntnisse aus dem Partizipationsprozess in konkrete Ziele und Maßnahmen für Berlin überführt.

Konkrete Vorhaben aus ausgewählten Politikfeldern:

Schulen an Glasfasernetz anschließen: Jede Schule soll schnellstmöglich einen leistungsfähigen Glasfaser-Netzanschluss, WLAN und ein leistungsstarkes, benutzerfreundliches und pädagogisch sinnvolles Open-Source-Lernmanagementsystem erhalten. Dazu ist uns das digitale Lernen ein Anliegen. Schulen werden wir dabei unterstützen, einfach zu nutzende, datenschutzfreundliche und pädagogisch sinnvolle Programme, Apps und Lernsoftware mit dem Unterricht zu verzahnen. Digitalisierung in der Verwaltung: zentrale Steuerungsstruktur mit Durchgriffsrechten, Ressourcen und Budgets schaffen. Nach außen wollen wir das Berliner Service- und Dienstleistungsportal in ein digitales Bürger*innenamt überführen. Wichtig ist uns auch ein Digitalisierungs-Check für alle Gesetze, Verordnungen sowie Verwaltungs- und Ausführungsvorschriften, Digitaltauglichkeit bereits bei der Rechtssetzung. Smart-City: intelligente Steuerung von Verkehrsströmen, Bussen und Leihrädern und digitales Müllmanagement, Verfügbarkeit von Kitaplätzen. In Verbindung mit Open-Source sowie einer Open-Data-Strategie durch die Verwaltung mit Leben füllen: Datenlots*innen in der Verwaltung etablieren, die im Bereich Datenmanagement, Datennutzung und Open Data fortgebildet werden.

CDU:

1. Bevor schicke Apps implementiert werden können, muss die Berliner Verwaltung ihre Hausaufgaben erledigen. Dies ist nicht aufregend, aber notwendig und die wenig glamouröse Aufgabe einer vom Landesparlament beaufsichtigen Landesregierung. Daher hat die Umsetzung des Berliner E-Government Gesetzes und Schaffung der analogen Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung der Berliner Verwaltung Priorität. Die Berlinerinnen und Berliner haben Anspruch auf eine funktionierende Verwaltung. Sie muss nicht in Sekundenschnelle Ergebnisse liefern, aber in angemessener Frist zuverlässig rechtssichere Ergebnisse bereitstellen.

2. Erfolgreiche Einführung der E-Akte, als Basis für vernetztes digitales Verwaltungshandeln. Diese Kontrolle der Landesregierung und der IKT-Staatssekretärin wird nach der ersten gescheiterten Ausschreibung und der verschobenen gesetzlichen Frist von besonderer Bedeutung sein.

3. Eine erfolgreiche Digitalisierung der Berliner Schulen sowie die Grundlagen für digitales Lernen (auch nach der Pandemie). Dafür müssen die technischen Voraussetzungen geschaffen werden, sowie Lehrerschaft, Schülerschaft sowie die zuständige Senatsverwaltung so vorbereitet und aufgestellt werden, dass die Möglichkeiten eines digitalen Lernens optimal ausgeschöpft werden.

DIE LINKE:

1. Wir wollen die Digitalisierung der Stadt von unten und um Gemeinwohlinteresse voran bringen. Dies bedeutet, digitale Lösungen vom Nutzen für alle in der Stadt her zu entwickeln. Dazu gehört etwa die Digitalisierung der Verwaltung insbesondere mit Öffnung von Daten und Verwaltungsleistungen medienbruchfrei online. Dazu gehört die Digitalisierung der Schulen und der Hochschulen auf der Basis offener Systeme und Ressourcen.

2. Wir wollen das Stadtportal Berlin.de zu einem Partizipations-, Daten- und Transparenzportal in kommunaler Hand weiter entwickeln. Dazu binden wir Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Verwaltung ein.

3. Wir wollen die Digitalisierung der öffentlichen Unternehmen vorantreiben und deren Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Zivilgesellschaft stärken. Dazu gehören etwa Netzwerkinfrastrukturen wie TTN, ÖPNV-Applikationen und -Steuerung, Innovationen in Daseinsvorsorge, Gesundheitsversorgung und den öffentlichen Wohnungsunternehmen. Experimentierräume wie das CityLAB und das InfraLAB wollen wir ausbauen und stärken.

FDP:

Mit einem digitalen Rathaus in Berlin soll ein virtuelles Muster-Amt auf den Weg gebracht werden, welches die Verwaltungsdigitalisierung forciert. Es hat grundsätzlich gleiche Aufgaben wie die bestehenden zwölf Bezirksämter (die natürlich im Rahmen der üblichen Verwaltungsmodernisierung ebenfalls weiterentwickelt werden), ermöglicht aber zugleich die Abstimmung mit „Füßen und Mauszeigern“ der Bürgerinnen und Bürger, welche Form des staatlichen Dienstleistungsangebotes besser angenommen wird. Zudem wird vermieden, dass Bürger für jeden Prozess sich an ein anderes „digitales Amt“ wenden Dabei soll das digitale Rathaus ein echter digitaler Neubau sein, der ein langsames „Ausphasen“ der Bestandssysteme vermeidet. Geschäfts- und Verwaltungsprozesse können gänzlich neu gedacht und realisiert werden. Es wird von vorneherein vermieden, bestehende Prozesse lediglich zu optimieren, sondern das Verwaltungshandeln wird an den veränderten Rahmenbedingungen, die mit der Digitalisierung einhergehen, neu ausgerichtet. Vorteil des digitalen Neubaus ist es weiter, dass die Verwaltungsverfahren nur einmal digitalisiert und neu aufgesetzt werden müssen. Die nur mit hohem Aufwand zu erreichende Migration in vorhandene zwölf Bestandssysteme der Bezirksebenen entfällt. Auch entfallen kostspielige und zeitaufwändige Arbeiten im Zusammenhang mit der notwendigen Geschäftsprozessoptimierung sowie Re-Organisation in den Bezirken.

Weiter beschleunigt die Vernetzung aller Arbeits- und Lebensbereiche durch Informations- und Kommunikationstechnologie einen weltweiten Trend in Metropolen und Städten, Daten und Informationen in der Weise einzusetzen, dass diese Zentren effektiver, technologisch fortschrittlicher und umweltgerechter gestaltet werden können. Als Begriff hierfür hat sich hierfür »Smart City« oder »intelligente Stadt« etabliert, mithilfe derer dann vielfältige und verschiedene Entwicklungskonzepte und Innovationsstrategien zusammengefasst werden können. Innovationen sind dabei immer die Voraussetzungen für die gleichermaßen gemeinwohlorientierte wie wirtschaftliche Entwicklung Berlins in einem positiven Sinne. Insofern muss sich das Bundesland Berlin viel systematischer als bislang dem Erschließen dieser neuen digitalen und technologischen Potenziale stellen. Kurzum: das Verfolgen einer ambitionierten Strategie im Segment der Smart City in Verbindung mit der Stärkung berlin-eigener Innovationselemente ist ein zweites digitalpolitisches Kernstück.

Schließlich ist die Stärkung digitaler Bildung zu nennen. Bildung muss endlich auch in Berlin digital gedacht und umgesetzt werden. Unser Leitbild der digitalen Transformation ist dabei von einer maßgeschneiderten Förderung und individualisierten Lernen geprägt. Das digitale Arbeiten an und von jedem Ort verstehen wir als selbstverständlichen Teil des Schul- und Bildungsalltags. Voraussetzung dafür ist eine geeignete, leistungsfähige technische Infrastruktur sowie ausreichend Endgeräte für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler. Die Lehrkräfte sind insofern zu entlasten, als dass jeder Schule eine festangestellte IT- Fachkraft für den Digitalisierungsschub zur Seite gestellt wird.

Bildung und Arbeit muss zeitgemäß, folglich standortunabhängig möglich sein. Daher setzen wir uns für die Zusammenführung der verschiedenen digitalen Hochschulportale für neue Lern- und Erfahrungsräume ein. Insbesondere die technischen Kapazitäten des Lernraums Berlin sind für alle Schülerinnen und Schüler auszuweiten, sodass ein stabiler digitaler Unterricht für alle gewährleistet ist. So soll es eine Liste von Lernplattformanbietern angeboten werden, aus der sich die Schulen je nach Schulprogramm und Praktikabilität einen Anbieter frei aussuchen können. Die Stärkung digitaler Bildung erschöpft sich dabei nicht auf schulische Felder; auch die hochschulischen und beruflichen Bildungsangebote müssen genauso wie das feld der Erwachsenenbildung in digitaler Hinsicht ertüchtigt werden. Das schließt die Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften natürlich ein.

SPD:

1. Digitalisierung der Verwaltung – modern, standardisiert, leistungsstark und professionell betrieben – mit einer gemeinsamen Digitalisierungsstrategie für die Verwaltung; einheitliche Steuerung und dezentrale Kompetenz in allen Verwaltungen

2. Smart-City-Strategie nach dem Modellprojekt ausformulieren und umsetzen – von digitaler Technik sollen nicht primär wenige Technologieunternehmen profitieren sondern vor allem die Berliner:innen. Gemeinwohl, Nachhaltigkeit und Teilhabe sind die Maßstäbe für die Digitalisierung der Stadt Berlin – gemeinsam mit allen Akteur:innen nach den besten Lösungen suchen mit zentraler Steuerung

3. Breitbandausbau beschleunigen – digitale Infrastruktur für alle ist für uns ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge; wir wollen eine Gigabit-Strategie, Zugang zu 5G-Infrastruktur und kommenden Netztechnologien, ggf. mit der Gründung eines Berliner Infrastrukturbetriebes vorantreiben.

Die Beteiligungsformate zur Digitalisierungsstrategie und auch zur Smart-City-Strategie werden fortgeführt und ausgebaut, um die Stadtgesellschaft in die Gestaltung der digitale Transformation Berlins klimafreundlich nach Maßgaben von Nachhaltigkeit, Teilhabe und wirtschaftlicher Entwicklung einzubeziehen. In welcher Form ein Digitalrat als Weiterentwicklung des Smart-City-Beirates am besten zum gemeinsamen Ziel beiträgt, werden wir mit allen Beteiligten diskutieren.

CDU:

Das Abgeordnetenhaus ist für die Kontrolle der Regierung zuständig, es ist der zentrale Ort, an dem unter Beteiligung der Zivilgesellschaft, die Ansprüche an die umsetzende Landesregierung formuliert werden. Ein „Nebenparlament“ aus Experten ist häufig nicht hilfreich.

DIE LINKE:

Wir LINKE haben darauf gedrungen, dass die reichhaltige digitale Zivilgesellschaft in Strategieprozesse eingebunden wird. Zukünftig wollen wir im Rahmen der LABs, aber auch kontinuierlicher Zusammenarbeit diese Expertise nutzen. Denkbar sind etwa Runde Tische ähnlich dem der Liegenschaftspolitik, aber auch regelmäßige gemeinsame Arbeitsgruppen.

FDP:

Wir sind der Überzeugung, dass jeder Berliner Mensch sich auf einfache Weise über die Arbeitsweise der Berliner Politik und Berliner Verwaltung informieren können muss – auch in den digitalen und informationstechnischen Handlungsfeldern Mit diesem klaren Bekenntnis zur Informationsfreiheit und Open Data wird zivilgesellschaftliche Partizipation und Teilhabe an digitalpolitischen Aktivitäten der Weg bereitet. Ausdruck dieser Informationsfreiheit ist ein Transparenzgesetz, dass die gesetzliche Grundlage für die ungefragte Bereitstellung von (digitalen) Informationen bildet. Aus unserer Sicht ist das ein starker Hebel, um Expertise und Gestaltungswillen der Zivilgesellschaft in die Willensbildung integrieren zu können.

SPD:

Die Erarbeitung der Smart-City-Strategie hat gezeigt, dass Beteiligung funktioniert. Als Modellprojekt des Bundes setzen wir diesen Ansatz bereits heute um.

SPD Wahlprogramm Berlin: Mit dem City-Lab gibt es bereits einen vielfach beachteten Ort, an dem die Berliner Verwaltung in enger und kreativer Zusammenarbeit mit Vertreter:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Stadtgesellschaft neue Prozesse und Ideen entwickeln, diskutieren und ausprobieren kann. Diesen Ansatz führen wir fort, mit einem weiteren Schwerpunkt auf regionale Kompetenz.

Digitale Souveränität ist für jedes Bundesland eine Herausforderung. Berlin muss sich hier auch im Verbund mit anderen Bundesländern, dem Bund und auch den europäischen Partner*innen auf den Weg machen. Wie kann der Grundsatz „public money – public code“ umgesetzt werden? Wie kann ich die digitale Kompetenz der Verwaltung steigern, um Effizienz und Sicherheit zu erhöhen? Wie kann die Berliner Verwaltung ihre Abhängigkeit von einzelnen Anbietern reduzieren und ihre Innovationsfähigkeit erhöhen? Wichtig sind hier der bundesweite IT-Planungsrat und unser Landesdienstleister ITDZ, neue Räume in Berlin für Innovation wie das CityLab und das InfraLab sowie Überlegungen zu einer zentralen Steuerungsstruktur.

CDU:

Verwaltungsdaten enthalten viele sensible Informationen über Menschen. Das Land Berlin muss sicherstellen, dass diese Daten von ihm kontrolliert und geschützt werden können. Früher war das ein gutes Schloss am Landesarchiv, heute ist die Sache wesentlich komplizierter. Die Daten sollten auch in Krisenfällen wieder sicher zurückgeholt werden können, eine Speicherung mit entsprechender Verschlüsselung auf Servern im Inland sicher empfehlenswert. Hier kommt dem ITDZ als zentralen IT-Dienstleister die entscheidende Rolle zu, es muss daher so aufgestellt werden, dass es diese Aufgabe erfüllen kann.

DIE LINKE:

Insbesondere im Verwaltungsbereich ist eine starke Abhängigkeit von Microsoft und weiteren großen Softwareunternehmen Realität. Nach kritischen Diskussionen in dieser Legislaturperiode muss in den kommenden zwei Jahren ein Masterplan zum Ausstieg aus der Abhängigkeit von zumeist us-amerikanischen Softwaregiganten entwickelt werden, der Usability, Datensicherheit und Verfügungsmacht über Code unter einen Hut bringt. Wenn Microsoft Office etwa wie angekündigt komplett in die Cloud geht, kann dies mit europäischen Datenschutzstandards nicht vereinbart werden. Backdoors zu Geheimdiensten sind in jeder Hinsicht auszuschließen.

FDP:

Digitale Souveränität bedeutet für ein Bundesland wie Berlin, dass im öffentlichen Bereich die notwendigen Kontroll- und Handlungsmöglichkeiten in den informationstechnischen Bereichen in der Weise bestehen, dass sicher, selbstbestimmt und frei von ungewollter Einflussnahme durch Dritte agiert werden kann – vor allen Dingen bei den kritischen Infrastrukturen. Die aktuelle größte Herausforderung liegt dabei wohl aktuell in der Sicherung von Kompetenzen und Fähigkeiten bei dem eigenen IT-Personal, der Nutzung von vertrauenswürdiger IT in kritischen Infrastrukturen und der Betrachtung von Lieferketten und IT-Lebenszyklen.

SPD:

Unser Ziel ist ein digital souveränes Berlin mit einem vollständig digitalisiertem Serviceangebot der Verwaltung. Bei der Einführung und Aktualisierung von Informations- und Kommunikationstechnologien haben die Prinzipien der Herstellerunabhängigkeit, Open Source und ökologische Nachhaltigkeit sowie die Einhaltung von offenen Standards einen herausgehobenen Stellenwert. Langfristig sollen alle öffentlichen Einrichtungen in Berlin Open-Source-Software nutzen und diese unter freier Lizenz allen zur Verfügung stellen. Wir werden ein Kompetenzzentrum für Open Source beim landeseigenen IT-Dienstleister ITDZ einrichten. Berlin ist sich seiner Verantwortung für Datenschutz, Datensicherheit und Barrierefreiheit bewusst und handelt entsprechend.

Herausforderung: Umstellungen kosten Zeit und Geld – vor dem Hintergrund knapper werdender Haushaltsmittel müssen Prioritäten gesetzt werden.

Zielkonflikt: Solange die IT-Infrastruktur z.B. mobilem Arbeiten Grenzen setzt und die Verkabelung in den Verwaltungsgebäuden für moderne Technologien noch nicht überall ausreicht, wird wohl die Funktionsfähigkeit, Datenschutz und IT-Sicherheit im Vordergrund stehen müssen.

Berlin braucht zentrale Steuerungsstruktur mit Durchgriffsrechten, Ressourcen und Budgets, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern. Die bisherige Aufteilung auf zu viele Senatsverwaltungen muss korrigiert werden. Wie setzen uns in der kommenden Legislatur für eine zentrale Steuerung ein. Dabei darf die Notwendigkeit für dezentrale Kompetenz nicht vergessen werden.

CDU:

2016 wurde das Berliner E-Government Gesetz (EGovG Bln) unter maßgeblichen Beitrag der CDU unter rot-schwarz beschlossen. Darin wurde die Position eines für zuständigen IKT-Staatssekretärs geschaffen. Zu ersten Mal wurden die entscheidenden Kompetenzen Organisation und Finanzierung an einer Stelle gebündelt.

Gerne hätte die CDU die Position mit einem unabhängigen Fachmann besetzt. In unserer Digitalen Agenda von 2013, die dem EGovG Bln zugrunde liegt, haben wir schon festgestellt, dass ein IKT-Staatssekretär (CIO) für den Erfolg der gewaltigen digitalen Transformation, den Rückhalt des Regierenden Bürgermeisters (CEO) braucht. Dies hat es so nicht gegeben. Die erfolgreiche Umsetzung des EGovG Bln ist an mangelnder menschlicher Führung (und nicht fehlender Organisationsstruktur) gescheitert. Dies gilt es in der kommenden Legislaturperiode besser zu machen.

DIE LINKE:

Wir brauchen eine zentrale Bündelung der Verantwortung bei einer/m CIO, die/der mit personellen und finanziellen Ressourcen, dem Ausbau des Einzelplans 25 sowie klaren Verantwortlichkeiten gegenüber Hauptverwaltungen und Bezirken ausgestattet wird. Die Arbeitsweise der IT-Steuerung ist ebenfalls zu professionalisieren und die Bezirke in Mitsprache aber auch mehr Verantwortung einzubinden. Der/die CIO sollte auch die Aktivitäten im Bereich Smart und Open Data bündeln. Es muss feste Arbeitsstrukturen mit den weiteren Hauptverwaltungen geben, da in allen wichtige Digitalisierungsvorhaben angebunden sind – etwa Bildung, Wissenschaft, Kultur und Gesundheit.

FDP:

Die derzeit fragmentierten Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche bei der Digitalisierung Berlins sind zentral zu bündeln. Anstelle von Ankündigungspolitik bedarf es einer echten digitalen Transformation auf Basis einer klarer Maßnahmen. Wir wollen daher die Rolle des CIO aufwerten und stärken; ihr bzw. sein Aufgaben- und Funktionsbereich ist auszubauen und zukünftig kann sie oder er von zentraler Seite auch in bisherig dezentrale Verantwortungsbereiche hineinwirken. Die oder der CIO verantwortet die Digitalisierungs- und Datenstrategie, formuliert eine IT-Strategie und forciert das E-Government, die E-Justice und die Digitalisierung der Berliner Schulen gleichermaßen. Sie Er treibt die Entwicklung Berlins zu einer „Smart City“ voran, stützt sich auf vorhandene Strukturen und entscheidet in übergeordneten Fragen der Verfahrens- und IT-Organisation.

SPD:

– Gemeinsame Digitalisierungsstrategie für die Verwaltung mit einheitlicher Steuerung – wir sehen eine landesweite Verantwortlichkeit vor, die in der Lage ist, die Digitalisierungsaktivitäten der Senats- und Bezirksverwaltungen zusammenzuführen sowie die übergeordnete Strategie zu koordinieren.

– Oberste Priorität Umsetzung des E-Government-Gesetzes.

– Schaffung einer „Stabsstelle Digitalisierung“ in jeder Behörde

Wir unterstützen die Forderung. Andere Bundesländer sind in der letzten Zeit voran gegangen. Den Weg, eine Begründungspflicht für NICHT-Open-Source-Software zu schaffen, wollen wir auch in Berlin gehen. Dazu müssen die Vergabestellen so geschult werden, dass Open-Source nicht durch die Vergabebedingungen ausgeschlossen wird. Überlegenswert ist dazu einen Parlamentsvorbehalt zu etablieren. Wenn eine Verwaltung öffentliches Geld für NICHT-Open-Source-Software ausgeben möchte, braucht es, dieser Überlegung zur Folge, eine Zustimmung eines zu schaffenden Ausschusses für Digitalisierung.

CDU:

Open Source ist kein Selbstzweck. Eine digitalisierte Verwaltung muss funktionieren, das ist das worauf die Bürger einen Anspruch haben. An jeder Stelle muss die dafür am besten geeignete Lösung her, die kann wie in der Vergangenheit häufig Open Source oder aber auch proprietär sein. Große Bundesorganisationen und die Stadt München haben sicher aus gutem Grund nach einer Open-Source Strategie wieder auf proprietäre Software umgestellt. Es ist stets auszuhandeln, welche technische Lösung für ein konkretes technisches Problem, die geeignetste Lösung ist.

DIE LINKE:

Diese Position vertritt DIE LINKE seit langem. Im Zuge der Debatte um digitale Souveränität und Datensicherheit kann Open Source eine neue Dynamik entfalten. Wir sehen kurzfristig insbesondere den Bereich von Servern, aber auch von Fachanwendungen und Tools wie Videokonferenz u.ä. in der Umstellung. Mittelfristig sollten auch Betriebssysteme und Office auf neue Lösungen umgestellt werden. Uns ist allerdings auch bewusst, dass es nach jahrzehntelanger Zersplitterung der Berliner IT-Landschaft hier eines fundierten Vorlaufes bedarf, um die mit dem eGovernment-Gesetz angestrebte Funktionsfähigkeit und Sicherheit der immens großen IT-Infrastruktur von Land, Bezirken und weiteren Landeseinrichtungen nicht zu gefährden.

FDP:

Open Source-Lösungen leisten einen erheblichen Anteil daran, nicht nur die Zielerreichung bei dem Streben nach digitaler und technologischer Souveränität zu unterstützen; sie tragen auch entscheidend dazu bei, die Umsetzung des Onlinezuganggesetzes (OZG) effektiv abzusichern. Insofern befürworten wir den stärkeren Einsatz von Open- Source-Lösungen. Ziel muss es auch sein, die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern proprietärer Software zu verringern. Das Bekenntnis zu Open Source ist auch vor dem Hintergrund der Gewährleistung der Informationssicherheit der informationstechnischen Systeme Berlins von besonderer Bedeutung. Dort, wo Open Source-Lösungen in den öffentlichen Bereich noch keinen Eingang gefunden haben, sollte die Umsetzung nicht abrupt, sondern schrittweise erfolgen. So kann bspw. die Vielfalt von Produkten und Software erhöht werden oder bei IT-Beschaffungsverfahren Open Source als obligatorischer Eckwert verankert werden. Auch mehr Klarheit und Transparenz über die Höhe der Kosten für proprietärer Software im Rahmen eines Softwarelizenz-Managements kann ein erster Umsetzungsschritt sein. Insgesamt empfiehlt es sich, eine landeseigene und verbindliche IT-Strategie auf den Weg zu bringen, die diese Maßnahmen eindeutig beschreibt.

SPD:

Siehe Antwort Frage 3.

Wahlspezial

Beim Wahlspezial am 10. Juni 2021 standen Sabine Smentek, Christian Rickerts, Stephan Lenz, Tobias Schulze und Bernd Schlömer Rede und Antwort zu ihren parteipolitischen Plänen für die Berliner Digitalpolitik der kommenden fünf Jahre. Die vorab verschickten Wahlprüfsteine wurden bei der Veranstaltung aufgegriffen und es konnte nachgehakt werden. Der Fokus lag darauf, wie die Parteien die Digitale Souveränität Berlins sowie Open Source stärken wollen. Abschließend diskutierten die Vertreter*innen der Parteien, ob und wie sie Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Digitalpolitik fördern wollen.

Leider ist die Tonqualität nicht optimal. Bei höherer Lautstärke ist die Diskussion jedoch gut zu verstehen.

Videoaufzeichnung Wahlspezial – Teil 1
Videoaufzeichnung Wahlspezial – Teil 2

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Im September 2018 beschloss der Berliner Senat auf Grundlage des Koalitionsvertrags die Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie für die Stadt Berlin. Zur Unterstützung des Projektmanagements beauftragte die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und